Veröffentlicht von: Redaktion · Zuletzt aktualisiert: 09.06.2016 · Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

Kanarienvogel – Arten

Der Kanarienvogel stammt ursprünglich vom wildlebenden Kanarengirlitz ab und wurde vor ca. 500 Jahren von spanischen Mönchen aus diesem gezüchtet. Im Laufe der Jahre wurde der ursprüngliche Kanarienvogel auch mit anderen finkenartigen Vogelarten gekreuzt, weshalb sich heutige Kanarien recht deutlich vom ihrem Vorfahren, dem Kanarengirlitz, unterscheiden.

Zusätzlich haben sich durch die verschiedenen Züchtungen und Kreuzungen innerhalb der letzten 500 Jahre auch unterschiedliche Arten beziehungsweise Rassen von Kanarienvögeln herausgebildet. Heute lassen sich die Kanarienvögel deshalb in die drei große Gruppen Gesangskanarien, Farbkanarien und Positur- beziehungsweise Gestaltkanarien einteilen.

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Gesangskanarien

Kanarienvögel sind als Singvögel für ihren wunderschönen und vielseitigen Gesang bekannt. Ursprünglich war dieser Gesang auch einer der wichtigsten Gründe dafür, warum die Vögel nach ihrer Einfuhr nach Europa als Haustiere beim europäischen Adel eine so große Beliebtheit erlangten.

Frühzeitig wurde deshalb auch bei der Nachzucht der Tiere besonders großen Wert auf den Gesang gelegt und so sind dann auch die Gesangskanarien ursprünglich entstanden. Bereits im 17. Jahrhundert bemühte man sich in Tirol, Kanarienvögel mit besonders schönen Stimmen und einem reinen, klaren Gesang zu züchten.

Die Tiroler waren es auch, die als erstes darauf kamen, die jungen Hähne in die sogenannte Singschule zu schicken, wo sie ihren besonderen Gesang perfektionieren sollen. Die Junghähne werden dazu im Alter von ca. 6 Monaten von ihrer Gruppe getrennt und während der Singschule für mehrere Wochen in einem gesonderten Käfig in der Nähe von älteren Hähnen mit einem besonders guten Gesang untergebracht.

Die Jungvögel können ihre Artgenossen dabei lediglich hören, nicht aber sehen. Durch die Einzelhaltung sind die Schüler nicht durch Revierstreitigkeiten abgelenkt. Während dieser Zeit hören sie ständig den Gesang ihrer Lehrmeister und beginnen schon nach kurzer Zeit, diesen zu imitieren.

Harzer Roller

In Deutschland wurde bei der Kanarienvogelzucht schon seit jeher ein besonderes Augenmerk auf den Gesang gelegt. So kam es dazu, dass im 19. Jahrhundert im Harz die heute wohl weltweit bekannteste Rasse unter den Gesangskanarien, der Harzer Roller, gezüchtet wurde. Der markant rollende, abwechslungsreiche und sehr melodische Gesang des Harzer Rollers hat dafür gesorgt, dass die Rasse sehr schnell an Popularität gewann. Heute wird der Harzer Roller, der auch an seinem gelben, gelb-grünen oder grünen Gefieder erkennbar ist, natürlich nicht mehr nur im Harz gezüchtet.

Belgischer Wasserschläger

Auch in Belgien gab es bereits im 19. Jahrhundert Zuchten, die sich hauptsächlich der Herausbildung eines besonderen Gesangs widmeten. Vor etwa 150 Jahren entstand dabei der Belgische Wasserschläger. Optisch ähnelt der Belgische Wasserschläger dem Harzer Roller, wobei ersterer etwas größer ist. Der Gesang dieser Rasse ist jedoch nicht so weich und rollend wie beim Harzer Roller, sondern klingt eher etwas „schlagend“, wodurch sich auch der Name der Rasse erklärt.

Spanischer Timbrado

Wie der Name es bereits vermuten lässt, wurde diese Rasse zuerst in Spanien gezüchtet. Der Spanische Timbrado ist noch eine recht junge Rasse, die erst vor knapp 50 Jahren offiziell anerkannt wurde. Man geht inzwischen davon aus, dass der Timbrado ursprünglich durch die Kreuzung des Harzer Rollers mit wilden Kanarengirlitzen entstanden ist, weshalb er optisch auch den Wildvögeln ähnelt. Der Gesang der Spanischen Timbrado klingt ein wenig wie ein helles Glockenklingeln.

Amerikanischer Sänger

Auch außerhalb Europas wird sich der Zucht von Gesangskanarien gewidmet. In den USA zum Beispiel ist dabei der Amerikanische Sänger gezüchtet worden. Bei dieser Rasse wurde versucht, die Vorzüge aller Arten in einem Vogel zu vereinen. Der Amerikanisch Sänger klingt deshalb nicht nur so ähnlich wie der Harzer Roller, sondern verfügt auch über eine besonders schöne, bunter Federpracht und eine besondere Positur.

Positurkanarien

Zu den Positur- oder auch Gestaltkanarien zählt man die Rassen, die in ihrer äußerlichen Erscheinung stark von den ursprünglichen Kanarienvögeln abweichen. Bereits im 17. Jahrhundert legte man in England bei der Zucht besonderen Wert auf das Aussehen der Vögel, so dass schon zu dieser Zeit die ersten Positurkanarien gezüchtet wurden.

Im 18. Jahrhundert begann man dann damit, sich bei der Zucht speziell auf die Gefiederstruktur der Vögel zu konzentrieren und die ersten frisierten Kanarienvögel entstanden. Diese Art der Positurkanarien zeichnen sich durch ihre putzigen „Frisuren“ aus und sind noch heute sehr beliebt.

Die Zucht von Positurkanarien wird heute manchmal jedoch kritisiert, da der Mensch hier quasi absichtlich gegen die Natur arbeitet und Aussehen und Körperbau der Tiere nur aus optischen Gründen verändert. Das Wohl der Kanarien droht dabei besonders bei verantwortungslosen Züchtern auf der Strecke zu bleiben.

Die Positurkanarien sind heute die größte Gruppe unter den Kanarienvögeln. Es gibt derzeit knapp 30 Rassen, die man in 5 Arten unterteilen kann.

Kleine glatte Positurkanarien

Deutsche Haube

Die Deutsche Haube ist eine Rasse, bei der die Vögel eine markante „Haubenfrisur“ besitzen. Die Rasse stammt ursprünglich aus Deutschland und bei der Zucht wird ein besonderer Wert auf die Farben gelegt.

Gloster Fancy

Aus England kommen die bekannten Gloster Kanarien. Bei dieser Rasse muss man zwischen der Variante mit Haube (Corona) und der Variante mit glattem Kopf (Consort) unterschieden werden. Der Gloster Fancy ist eine besonders kleine Rasse, die es in allen Farben außer Rot gibt.

Fife Fancy

Der Fife Fancy ist eine weitere englische Rasse unter den Positurkanarien. Eine optische Ähnlichkeit besteht zum Gloster Fancy Consort. Auch der Fife Fancy ist eine sehr kleine Rasse, die es in allen Farben außer Rot gibt.

Border Fancy

Ebenfalls aus England kommt die Rasse Border Fancy. Hierbei handelt es sich um eine Rasse, die für ihre wohlproportionierten Körper, die elegante Körperhaltung und ihr glattes, seidiges Gefieder bekannt ist.

Raza Espanõla

Die Rasse Raza Espanõla stammt aus Spanien. Sie zeichnet sich durch ihre geringe Größe, schlanke Körper und ein glattes Gefieder aus. Bei den Raza Espanõla sind alle Farben außer Rot erlaubt.

Lizard

Noch eine weitere aus England stammende Rasse ist der Lizard. Lizard Kanarien besitzen ein besonders auffälliges Gefieder mit einem Schuppenmuster. Diese markante Gefiederzeichnung soll dabei gleichmäßig vom Nacken über die Brust verlaufen.

Harlekin

Die aus Portugal stammende Rasse Harlekin ist durch eine dreieckige Haube gekennzeichnet und wurde erst kürzlich anerkannt. Der Harlekin besitzt einen gestreckten, schlanken Körper und ein glattes, seidig-glänzendes Gefieder. Diese Rasse gibt es in allen Farben.

Irish Fancy

Beim Irish Fancy handelt es sich um eine irische Rasse unter den Positurkanarien, die erst seit 1974 anerkannt ist. Der Irish Fancy ging aus dem Irish Roller, einem Gesangskanarienvogel, hervor und zeichnet sich durch einen kleinen, leicht gerundeten Kopf mit kleinem Schnabel und deutlich abgesetztem Hals aus. Für den Irish Fancy sind alle Farben außer Rot zugelassen.

Große glatte Positurkanarien

Norwich

Der Norwich stammt ursprünglich aus der gleichnamigen englischen Grafschaft und wird aufgrund seines massigen, runden und kompakten Körperbaus auch manchmal als Eiervogel bezeichnet. Norwich Kanarien gibt es in allen Farben.

Crested

Diese aus England stammende Rasse gibt es in zwei Varianten: mit Haube und mit glattem Kopf (Crestbred). Beim Crested sind alle Farben außer Rot erlaubt.

Berner

Aus Bern in der Schweiz stammende Rasse, die sich durch ihre aufrechte Körperhaltung und den kurzen, breiten Kopf auszeichnet. Berner Kanarien sind seit 1961 als offizielle Rasse anerkannt.

Lancashire

Englische Rasse in zwei Varianten: mit Haube (Coppy) und mit glattem Kopf (Plainhead). Der Lancashire ist die größte der in England gezüchteten Rassen.

Yorkshire

Der Yorkshire ist eine weitere englische Rasse, die ursprünglich in der gleichnamigen Grafschaft gezüchtet wurde. Yorkshire Kanarien zeichnen sich durch ihre stattliche Körperhaltung und der besonderen Körperform, die ein wenig an eine Karotte erinnert, aus.

Llarquet Espanõl

Beim Llarquet Espanõl handelt es sich um eine spanische Rasse, die es bereits seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gibt. Diese Rasse ist besonders für ihre schmalen, zierlichen und langgestreckten Körper bekannt.

Glatte Haltungskanarien

Japan Hoso

Aus Japan stammende Rasse.

Rheinländer

Deutsche Rasse, die ursprünlich im Rheinland entstand.

Münchener

Deutsche Rasse aus Bayern.

Scotch

Rasse aus Schottland.

Bossu Belge

Belgische Rasse.

Frisé-Kanarien

Nordholländer

Aus dem Norden der Niederlande stammende Rasse.

Fiorino

Aus Florenz stammende italienische Rasse mit Haube.

Mehringer

Aus Deutschland stammende Rasse.

Paduaner

Aus Padua stammende italienische Rasse.

Pariser Trompeter

Französische Rasse.

AGI (Arigante Gigante Italiano)

Aus Italien stammende Rasse.

Frisierte Haltungskanarien

Südholländer

Niederländisch/belgische/französische Rasse,

Gibber Italicus

Italienische Rasse.

Schweizer Frisé

Schweizer Rasse.

Makige

Japanische Rasse.

Giboso Espanõl

Spanische Rasse.

Melado Tinerfeno

Weitere spanische Rasse.

Farbkanarien

Der Kanarengirlitz ist als Vorfahre der Kanarienvögel für sein Gefieder mit dem typisch gelben Bauchbereich und dem grau-grünen Rücken mit dunkelbrauner Streifenmusterung bekannt. Die ursprüngliche Gefiederfarbe des Kanarienvogels war deshalb gelb bis gelb-grün. Durch Kreuzungen mit anderen Vogelarten und gezielte Züchtungen gibt es bei den heutigen Kanarienvögeln jedoch viele weitere Farbtöne, die von weiß über rot bis hin zu braun gehen.

Bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts konzentrierte man sich in Frankreich bei der Zucht vor allem auf die Farbe des Gefieders. Die heutigen Farbkanarien gehen also direkt auf diese Zeit zurück. Im Gegensatz zu den Gesangskanarien wird bei der Zucht der Farbkanarien eher weniger auf den Gesang geachtet. Stattdessen steht die Farbe des Gefieders auch heute noch im Mittelpunkt der Zuchtbemühungen.

Wie das Gefieder gefärbt ist, ist bei Kanarienvögeln von der Genetik und ihrer Ernährung abhängig. Über die Nahrung aufgenommene Carotinoide sind für die hellen Farben von Gelb bis Rot verantwortlich, wobei manche Tiere genetisch bedingt die Carotinoide nicht verarbeiten können und deshalb weiß bleiben.

Der Farbstoff Melanin ist hingegen für die dunklen Gefiedertöne verantwortlich. Auch hier bestimmt die Genetik, wie stark das Melanin in den Federn der Vögel abgelagert wird, worurch sich die unterschiedlichen Tönungen ergeben.

Die verschiedenen Musterungen im Gefieder wiederum werden durch eine unterschiedliche Federstruktur verursacht. Diese Federstruktur wird dadurch bestimmt, wie weit und wie stark sich die Farbstoffe in den Federn ablagern. Man unterscheidet die Musterung des Gefieders in intensiv, Schimmel und Mosaik.

Anhand der Farben kann man die Farbkanarien in die zwei Arten Lipochromkanarien und Melaninkanarien aufteilen, wobei jede Art noch eigene Unterarten besitzt.

Lipochromkanarien

Lipochromkanarien zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein helles Gefieder in einer der Grundfarben der Kanarien (Weiß, Gelb oder Rot) besitzen. Auch die unterschiedlichen, kanarientypischen Federstrukturen sind bei dieser Kanarienart vorhanden. Bei den Lipochromkanarien fehlen jedoch die Melanine im Gefieder, die für die dunkle Farbgebung verantwortlich sind.

Gelbvögel

Der Gelbvogel besitzt noch die klassische Grundfärbung des Kanarengirlitz.

Rotvögel

Rotvögel sind durch die Kreuzung von gelben Kanarienvögeln mit dem wilden Kapuzenzeisig, der über ein rötliches Gefieder verfügt, entstanden.

Weissvögel

Bei den Weißvögeln kommt das weiße Gefieder dadurch zustande, dass sie genetisch bedingt keine Carotinoide aufnehmen und deshalb keine Farben bilden können.

Melaninkanarien

Im Gegensatz zu den Lipochromkanarien können die Melaninkanarien den Dunkelfarbstoff Melanin in ihren Federn ablagern. Die dadurch im Gefieder entstehende Zeichnung ist typisch für Melaninkanarien, bei denen die dunklen Farbtöne dominieren.

Schwarzvögel

Diese Kanarien können Dunkelfarbstoffe in ihrem Gefieder ablagern. Durch die Einbringung der Gene des Kapuzenzeisigs kommt es beim Schwarzvogel genetisch bedingt zu einer Verdrängung der braunen Melanine durch schwarze Melanine und das Gefieder wird dadurch besonders dunkel.

Braunvögel

Bei den Braunvögeln kommt der braune Farbton des Gefieders dadurch zustande, dass durch eine Mutation der Gene die schwarzen Melanine in braune Melanine umgewandelt werden.

Achatvögel

Der Achatvogel ist eine besondere Form des Schwarzvogels und nach dem Edelstein Achat benannt. Eine Genmutation ist bei dieser Melaninkanarienart für eine Reduzierung der Melanindichte im Gefieder verantwortlich. Diese Verdünnung sorgt für eine besondere Strichelung, die optisch einem Achat ähnelt.

Isabellvögel

Isabellvögel sind Braunvögel, die von derselben Genmutation wie Achatvögel betroffen sind. Aufgrund der verdünnten Melanindichte ist auch bei den Isabellvögeln das Gefieder heller und im Bereich des Rückens mit einer besonderen Strichelung versehen.

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Wer schreibt hier? Hallo, ich bin Tom und schreibe auf dieser Seite über Kanarienvögel. Als Redakteur mit über 10 Jahren Berufserfahrung und großer Tierfreund habe ich diese Ratgeber-Seite zum Thema artgerechte Kanarienvogelhaltung erstellt.